
Mischnutzungskonzepte stehen bei Projektentwicklern weltweit hoch im Kurs. Kritisch dabei ist die genaue Abstimmung des Angebots auf die örtlichen Bedürfnisse. Hier kommt die moderne Datenanalyse ins Spiel. Von Paul Allen
Der internationale Konzern Kerten Hospitality (KH) entwickelt seine Mischnutzungskonzepte auf der Basis umfassender Datenanalysen, die den wirtschaftlichen Erfolg der Projekte maximieren sollen. KH verwaltet und betreibt in zwölf Ländern Hotels, Wohnanlagen, Serviced Apartments, Coworking-Zentren sowie Gastronomiebetriebe. Der Fokus liegt dabei auf dem Gästeerlebnis, effizienten Betriebsmodellen, einer optimalen Flächennutzung und der Renditemaximierung.
Mithilfe von IT-Lösungen für Ertragssteuerung, Gebäudemanagement, Qualitätssicherung und POS-Systemen erfasst das Unternehmen zahlreiche Daten, die im Rahmen der Ressourcenplanung sowie zur Effizienz- und Produktivitätssteigerung analysiert werden, wie Chief Operating Officer Wafik Youssef erklärt. Erhoben werden unter anderem Kundenprofile, Zielaltersgruppen, Buchungs- und Ausgabeverhalten, Social-Media-Aktivitäten, Besucherzahlen, Abfallmanagement und das Verhältnis Energieverbrauch/ Belegungszahlen. Auch das Cross-Selling zwischen den Projekteinheiten wird berücksichtigt.
Wirtschaftliche Nutzungskonzepte auf der Basis von Datenanalysen
„Die Analysen liefern uns wichtige Erkenntnisse für die Optimierung unserer Kosten- und Ertragsstrategie und zur Steigerung des Gewinns pro Quadratmeter“, so Youssef. Für Projektentwickler und Anleger haben Mischnutzungsobjekte den Vorteil, dass sie diversifizierte Ertragsströme liefern und so die Risiken minimieren. Wie beim Geschäftsmodell von KH dient häufig die Hotellerie oder Gastronomie als Ankermieter. Besonders die aktuellen Leerstände in Einkaufsstraßen und Shoppingzentren bieten sich für eine Umnutzung an. Dasselbe gilt für ältere Büroimmobilien abseits der Toplagen, die möglicherweise bald nicht mehr benötigt werden, da künftig verstärkt auf Nachhaltigkeit und Hybrid-Arbeitsmodelle gesetzt wird. Hier können Datenanalysen Aufschluss darüber geben, welche Nutzungskonzepte am wirtschaftlichsten sind.
Die Analysen liefern uns wichtige Erkenntnisse für die Optimierung unserer Kosten- und Ertragsstrategie und zur Steigerung des Gewinns pro Quadratmeter.
Verbraucherverhalten während des gesamten Lebenszyklus erfassen
Die Immobilienberatung JLL analysiert zunächst, welche Gebäude oder Komplexe sich für Investitionen eignen und welche Schwerpunkte zu setzen sind, wie Tim Vallance, Leiter des Bereichs Investor Services und Retail Chairman bei JLL, erläutert: „Dank der erfassten Daten können wir auf Tastendruck für Tausende Objekte alternative Nutzungskonzepte prüfen.“
Die anschließende Datenerfassung während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes lässt erkennen, wie sich das Objekt entwickelt und wie sich das Verbraucherverhalten ändert. „Gemischt genutzte Komplexe kommen bei den Verbrauchern gut an“, weiß Vallance zu berichten. „Dabei mögen sie es bequem und authentisch. Der Weg zur Arbeit sollte nicht allzu weit sein und die Mittagspause verbringen sie am liebsten in einem gemütlichen Restaurant direkt um die Ecke.“
Dank der erfassten Daten können wir auf Tastendruck für Tausende Objekte alternative Nutzungskonzepte prüfen.
Versteckte Erfolgsfaktoren erkennen, optimale Nutzung ableiten
Vor allem müssen die wirtschaftlichen Fundamentaldaten stimmen. Außerdem ist die Lage wichtig. „Eine gute Verkehrsanbindung ist unverzichtbar“, so Vallance. Datenanalysen helfen insbesondere bei Umbau und Umnutzung, versteckte Erfolgsfaktoren zu erkennen und die optimale Nutzungsmischung abzuleiten.
So dürfte sich zum Beispiel ein Einkaufszentrum in einer großen Gateway-City wie London, Paris oder Berlin sehr gut mit Wohneinheiten kombinieren lassen. Liegt das Objekt in der Nähe einer Autobahnauffahrt, bietet sich eine Mischnutzung mit Logistikflächen an. Vor allem die Demografie spielt bei Investitionsentscheidungen eine maßgebliche Rolle. „Unser Team verfügt über demografische Daten zu jeder Postleitzahl in Europa. Wir wissen, wie die Menschen an einem bestimmten Ort wählen, in welchen Branchen sie arbeiten, wie sie sich tendenziell verhalten und auf was sie möglicherweise ansprechen. Ausgehend von diesen Daten können wir ermitteln, wie viele Ladeneinheiten, Büros und Wohnungen benötigt werden sowie ob es sich um Miet-, Sozial- oder Eigentumswohnungen handeln sollte“, erklärt Vallance.
Zukunftsaussichten eines Objekts jederzeit einschätzen können
Mit wachsender Datenbasis werden die Analysen immer valider. Somit lassen sich Konzepte noch präziser ausrichten. „Die Daten können wir auch unterwegs abrufen, sodass wir schneller Entscheidungen treffen können. Künftig werden wir alle wirtschaftlichen Aspekte in Echtzeit abrufen und die Zukunftsaussichten eines Objekts direkt einschätzen können“, meint Wafik Youssef von KH.
Von Paul Allen